Kienlesbergbastion, Werk X im Winter

Kienlesbergbastion, Werk X im Winter

Ein stimmungsvolles Winterbild zeigt der Monat Januar, den Gruß an alle Vorbeifahrenden, die die Stadt erreichen oder verlassen. Erbaut 1843 bis 1852 durch den königlich-württembergischen Oberleutnant von Hügel, präsentiert die schneebedeckte Kienlesbergbastion ihre signifikante Doppelcaponniere. Hierunter ist festungsbautechnisch zu verstehen ein zur Frontal- und Seitenbeschießung des Festungsgrabens, also zur „Bestreichung“ mit Feuer, angelegtes Verteidigungswerk. Dieses tritt zur Abwehr der über den Graben potentiell einfallenden Feinde aus der Mauerlinie dieser Festung heraus in das davorliegende, hier trockene Sturmhindernis als „Grabenstreiche“.

An der abgebildeten Südwestecke der Kienlesbergbastion, die heute noch vollständig erhalten zwischen der Bundesstraße 10 im Lehrer Tal und der Straße „Beim Alten Fritz“ liegt, war eine doppelte Grabenstreiche notwendig. Musste doch von hier aus sowohl der zur Wilhelmsburg (nach links im Bild) hinaufführende, als auch der (rechts im Bild) nach hinten zum Kienlesberg ziehende, heute als Abfahrt von der Wallstraßenbrücke zum Michels- oder Eselsberg dienende Graben unter Feuer genommen werden können.

Hier, auf der rechten Seite der Doppelcaponniere, war bis zum straßenbaubedingten Abbruch einst noch ein schützendes Vorwerk, die „Contregarde“, vorgelagert. Von ihr sind noch Reste des „Ruhetaltores“ auf dem Bild rechts der Grabenstreiche erkennbar.

Das mehrgeschossige „Werk X“ der Bundesfestung Ulm, die abgebildete Doppelcaponniere der Kienlesbergbastion, besitzt nicht nur im Inneren großartige, gegen Beschuss gewölbte Festungsräume (Kasematten), sondern zeigt auch von außen mit ihren schön geschichteten Kalkquaderfronten, in denen von flachen Ziegelsteinbögen überspannte Schießscharten sitzen, sowie mit dem unter den Erdbedachungen umlaufenden Konsolfries ein beeindruckendes Bild der Architektur und Festungsingenieurkunst der sogenannten „Neuen deutschen Befestigung“, die klassizistische und romantische Baumotive zeigte. Nicht nur im Winter eine für die einstige Bundesfestungsstadt Ulm typische, historische Reminiszenz an automobile Vorbeireisende…

Text: Uwe Heinloth