Löwenbrunnen auf dem Münsterplatz

Der Löwenbrunnen vor der hohen Hauptportalvorhalle des Münster

In romantischer Abendbeleuchtung präsentiert sich vor der hohen Hauptportalvorhalle des Münsters der Löwenbrunnen, den im Original um 1590 wohl der Steinmetz Peter Schmid gestaltete und mit einer namengebenden Löwendoppelfigur als Schildhalter bekrönte. Erkennbar sind auf dem uns zugewandten Wappen die heraldischen Ulmer Farben schwarzsilbern (weiß); der nicht sichtbare Schild des hinteren Löwen weist das Reichsadlerwappen auf. Die beiden Löwen stellen Nachbildungen der Originalfiguren dar und erhielten, zusammen mit Wappenrahmung und gedrehten Säulenschaftwülsten, erst 2004 wieder die ursprüngliche goldene Fassung. Um 1800 ersetzte auch am Löwenbrunnen eine gusseiserne die ehemalige hölzerne oder steinerne Einfassung.

Schön zu sehen ist der übliche Aufbau dieser „Röhrenkästen“ als Fließwasserbrunnen der Ulmer öffentlichen Wasserversorgung. Im Wasserkasten steht eine (verdeckte) Steintrommel als Säulenfuß, aus dem Wasser ragen dann (hier) zwei Maskenkränze, deren einer (hier der obere) mit Röhren das kühle Nass spendet. Dieses wurde in den fünf Ulmer Wasserwerken der nördlichen Stadtbefestigung aus dem Grundwasserbereich in Hochbehälter gepumpt, aus denen es dann über ein weitverzweigtes Wasserleitungssystem durch natürlichen Druck in Häuser oder die Brunnen geleitet werden konnte. Das Wasser des Löwenbrunnens stammte einst aus dem „Fördergebiet“ beim Neutor, dem „Neutorbrunnenwerk“. Über den Röhren setzt der Säulenschaft an, in einem Kapitell endend, das von einer Figur bekrönt ist. Meist wurden als Brunnenfiguren offenbar erhaltene Statuen von Heiligen „recycelt“; vor dem Münster als evangelischer Pfarrkirche ging dies natürlich nicht an. „Konfessionsneutrale“ Renaissancelöwen dagegen konnten vor der alten Gotik die reichsstädtische Begeisterung für damals modernes Kunstschaffen demonstrieren.

Dass der Löwenbrunnen so schön ins Bild passt, hat er dem Ende einer langen Wanderschaft über den Münsterplatz zu verdanken. Seit der Neugestaltung des Platzes im Rahmen von Richard Meiers Stadthausbau darf der Brunnen seit 1992 beinahe wieder an dem Ort stehen, an dem ihn einst Peter Schmid errichtet hatte. Nur finden um ihn herum jetzt keine Paraden reichsstädtischer Bürgermiliz mehr statt, sondern eher friedlichere Wochen- oder Weihnachtsmärkte; letzteren dient alle Jahre wieder der abgedeckte Löwenbrunnen als Glühweintheke. Vielleicht mögen’s die Löwen ja…

Text: Uwe Heinloth