Ansicht Ulm

 

Ansicht Ulm mit Münster

Die Ansicht von Ulm mit Donau von der Eisenbahnbrücke nach Neu-Ulm aus.

Das Mai-Bild zeigt Ulms Donauufer, erst im 19. Jahrhundert durch Anschwemmung entstanden, später als Grünanlage gestaltet. Darüber türmt sich wahrlich die Stadtsilhouette auf.

Die Donaustadtmauer wurde zur Verkürzung der Verteidigungslinie 1480 in die „reißenden“ Fluten hineingebaut, sie bezog erstmals die bis dahin außerhalb der Mauern liegende Vorstadt im „Gumpen“ ein, heute Gegend der unteren Fischergasse und des Fischerplätzles. Darüber ragen die hohen Dächer der Weinhofbebauung, wo sich seit dem 9. Jahrhundert wohl die karolingische Königspfalz befunden hat. Dahinter wiederum wächst die spätmittelalterliche Stadtpfarrkirche, das erst 1890 vollendete Ulmer Münster, empor. So wird der linke Bildteil von den einstigen Zentren königlicher Macht, städtischer Wehrpolitik und bürgerschaftlicher Frömmigkeit beherrscht.

Am rechten Bildrand dagegen präsentiert sich mit Türmchen das Rathaus am Marktplatz, dem einst reichsstädtischen Zentrum von Handel, Gewerbe und Politik. Zunächst als Kaufhaus erbaut, besetzten immer mehr „obrigkeitliche“ Funktionen den Gebäudekomplex, der langsam zum Rathaus wurde. Allerdings war eine neuzeitlich-aufklärerische Gewaltentrennung damals noch unbekannt, weshalb, oft personell vermengt, Exekutive, Jurisdiktion und Legislative unter nur einem Dach tätig wurden. Derart kurze Wege sollen bisweilen zu nicht immer ganz unparteiischen Entscheidungen geführt haben, was die Bürgerprozesse gegen die städtische Obrigkeit im 18. Jahrhundert zeigen.

Aber die Donau konnte ja zum „Fluchtweg“ aus derartiger Politik werden; trotz gepredigter Warnungen und Auswanderungsverboten lockten günstige Konditionen wie anfängliche Steuerfreiheit und Hoffnung auf eine bessere Existenz hunderttausende „Donauschwaben“ genannte Neusiedler, auch aus Ulm, auf den Balkan. Die Donau zeigte so zwar den Weg, doch nicht die lauernden Probleme in der neuen Heimat. Und es bewahrheiteten sich die Warnungen des Rates leider nur allzu oft: „Dem Ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot“ wurde die Zukunftsaussicht.

Text: Uwe Heinloth