Fischerplätzle, Fachwerkhaus, Ulm

Hausanschicht eines Fachwerkhauses am Fischerplätzle

Romantik pur zeigt das Augustbild mit der Ostfassade des „Schönen Hauses“ am Fischerplätzle.

Ein wohl bis ins Mittelalter zurückreichendes, 1616 aber neu erbautes Haus einer alt-ulmischen Schiffbaumeisterfamilie prunkt seit der Sanierung mit freigelegtem Fachwerk. Originalgetreu präsentiert sich wieder die graue Balkenfassung mit plastisch wirkender Randbemalung der Gefache, dem „Beistrich“; die Entstehungszeit in Spätrenaissance oder Frühbarock führt das Fachwerk mit eingezapfter Bautechnik, dem Verzierungsmotiv des „Andreaskreuzes“ (links oben) und den nur geringen Giebelvorkragungen, die an der abgebildeten Fassade ganz fehlen, vor Augen.

Nicht für die Öffentlichkeit sichtbar sind dagegen die Privaträume des Hauses, zumindest im Erdgeschoss hinter der hier noch bewachsenen Wand gut erhalten. Im winkelförmig angelegten Flur finden sich Kostbarkeiten handwerksbürgerlicher Repräsentation wie etwa Hausbrunnen, Kontorraum, farbig gefasste Wandhalbsäulen, dazu historische Gegenstände aus dem Alltag von Meistern der Fischer- und Schifferzunft.

Zu sehen sind die beiden östlichen, alten, vom Fischerplätzle her Einlass bietenden Haustüren des „Schönen Hauses“ nebst einem Gassensperrhaken zwischen Regenrinne und vergittertem Fenster links davon. Während zur höher eingebauten Türe mehrere Stufen führen, ist die tiefer angebrachte linke Türe schneller erreichbar. Diese zwei Türen sind womöglich bedingt durch das Prinzip „form follows function“. Die höher gelegene Türe bietet mehr Schutz vor einflutendem Donauhochwasser, weswegen sie zu den Arbeits- und Wohnräumen führt. Die bodennähere Türe links soll dereinst den tierischen Mitbewohnern als einfacherer Zugang gedient haben. Zum gründlichen Ausmisten dieses Wohnbereiches war Hochwasser als Helfer hier jedoch offensichtlich erwünscht. Ein Augias-Stall mitten in Ulm! Ob aber das „Schöne Haus“ nun wegen dieser Reinlichkeit oder wegen des Fassadendesigns oder gar wegen eines auffälligen Mangels an rechten Winkeln in den Innenräumen so heißt, sei einmal dahingestellt…

Text: Uwe Heinloth