Bundesfestung, südwestliche Anschlusslinie zur Wilhelmsburg

 

Aussenansicht der Wilhelmsburg, Werk XII des Gesamtkomplexes der Bundesfestung Ulm

Aussenansicht der Wilhelmsburg, Werk XII des Gesamtkomplexes der Bundesfestung Ulm

Vom neuzeitlichen Fussgängerbrückle über den Festungsgraben geht der Blick hoch zum Michelsberg, der von der einstigen Zitadelle „Wilhelmsburg“, dem Reduit der gesamten Bundesfestungsanlage, gekrönt wird. Auf die südwestliche Ecke der als verteidigungsfähige „Defensivkaserne“ ausgebauten Wilhelmsburg, im Bildzentrum hell aufleuchtend, führt das am Berghang nur als trockener Graben anlegbare Sturmhindernis für Feinde. Diese hätten vom linken Bildrand her aus dem Ruhetal angegriffen; da ihnen kein Wassergraben wie zum Beispiel im flachen Neu-Ulmer Glacis entgegengesetzt werden konnte, musste die Außenwand des Grabens, die „Contrescarpe“, aufgemauert werden als zusätzliche Sicherung vor Eindringlingen. Mit insgesamt 350 Metern Länge überwindet die abgebildete Südwestflankenbefestigung des Michelsberges siebzig Höhenmeter, eine technische Meisterleistung der damaligen Festungsbaukunst.

Eigentlicher Wehrbau ist die auf der rechten Bildhälfte sichtbare Kalksteinmauer, die innere Grabenwand als „Escarpenmauer“ bildend. Auf dem unteren Mauerteil, hinter dem der natürliche Erdboden liegt, sitzt der obere Mauerteil mit horizontalen Schießscharten auf. Es handelt sich also um eine „crenelierte“ Mauer mit „Maulscharten“, die deutlich sichtbar sind; dahinter verläuft ein heute wieder begehbarer Wehrgang für die einstigen Verteidiger, der „Rondengang“. Darüber ragen die Bäume auf dem Erdwall der Festung auf. Den Laubbäumen der „Freundseite“
entsprechen auf der „Feindseite“ die durch Nadelwuchs ganzjährig Tarnung bietenden dunklen Schwarzkiefern, die eigens im aufgeschütteten Vorgelände des Grabens, dem „Glacis“, von der damaligen „Geniedirektion“ der Bundesfestung angepflanzt wurden (linker Bildrand).

Am rechten Bildrand ist in der Escarpenmauer ein Absatz erkennbar. Hier wird die Mauer etwas höher und knickt leicht nach rechts ab, bildet also mitten in der Bergfront einen ausspringenden Winkel. Hinter dieser Spitze verbirgt sich, bis heute erhalten, die „Bonnetkasematte“, welche den Rondengang mit Gewehrfeuer seitlich bestreichen konnte und damit ein weiteres Vorgehen bereits hinter die Mauer eingedrungener Feinde verhindern sollte. Nicht auf dem Bild sichtbar ist die hinter der Bonnetkasematte unter dem Wall liegende „Wurfbatterie“ mit ihren großen
Mörseröffnungen für Steilbeschuss des Glacis.

Dieser Festungsteil am Brückle kann heute gefahrlos beim Spaziergang von der Straße „Beim Alten Fritz“ in Höhe Einmündung Kernerstraße ins Ruhetal hinüber besichtigt werden. Dies ist dem Einsatz des Förderkreises Bundesfestung Ulm zu verdanken, der in den 1990er Jahren mit Erhaltungsmaßnahmen und der Rodung des Grabens hier ein vollständig erhaltenes Stück Bundesfestung wieder ins Bewusstsein brachte. Es lohnt sich, die abgebildete Anschlusslinie, erbaut in den Jahren 1843 bis 1852 duch den Königlich Württembergischen Oberleutnant von Hügel, im Original zu bestaunen!

Text: Uwe Heinloth

 

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