Am Seelengraben, Grabenhäuschen

Der Durchblick auf die nördliche Stadtbefestigung am „Neuen Graben“ zeigt eines der alten „Grabenhäuschen“

Der Durchblick auf die nördliche Stadtbefestigung am „Neuen Graben“ zeigt eines der alten „Grabenhäuschen“

Der Durchblick auf die nördliche Stadtbefestigung am „Neuen Graben“ zeigt eines der alten „Grabenhäuschen“. Sie kamen wohl zu ihrem merkwürdigen Namen, weil sie auf der nördlichen (und früher auch westlichen) Stadtmauer oberhalb des feindseitigen Stadtgrabens stehen. Dies wurde erst möglich, nachdem die mittelalterliche Doppelmauer mit dazwischenliegendem Zwinger ab 1527 nach der neuen Befestigungslehre Albrecht Dürers umgebaut, somit der fortgeschrittenen Geschütztechnik angepasst worden war.

Hierbei schüttete man den Zwischenraum zwischen innerer und äußerer Stadtmauer auf, glich beide Mauern in der Höhe einander an, und erhielt so eine neue, breite Stadtmauer als Geschützplattform. Deren Feindseite wurde durch eine viertelkreisförmige, nach außen abgerundete Brustwehr mit eingebauten Schießscharten gesichert; durch diese konnten die auf der Plattform neu aufgestellten Verteidigungsgeschütze feuern. Das Festungskonzept Dürers bewährte sich 1552 im Markgrafenkrieg.

Allerdings erfolgte schon ab Beginn des 17. Jahrhunderts eine Neubefestigung durch ein im Vorfeld des Dürerschen Geschützwalles angelegtes, reines Erdwall- und Wassergrabensystem, welches die alte Geschützplattform dahinter jetzt überflüssig machte. So konnte diese mit „Losamentern“, Häuschen für das erste stehende Heer Ulms, bebaut werden; „Garnisöner“ nannte man jene Berufssoldaten, deren spätere „Monturen“ heute noch im Festzug des Ulmer Fischerstechens als meist „evangelische“, also hauptsächlich blau-weiß-farbige Uniformen der Musikkapellen zu sehen sind.

Ab 1610 erhielten die Garnisöner ihre Unterkünfte mit Küche, Stube und Kammer. Pro Häuslein wohnte je ein Soldat mit Familie, oder zwei unverheiratete Verteidiger teilten sich ein solches gemeinsam. Heute präsentieren sich die noch erhaltenen, weitestgehend sanierten Losamenter in kleinstädtischer Idylle mit Vorgärtchen, wie das Bild zeigt. Durch Abtragen der Brustwehr sind die Grabenhäuschen inzwischen alle vergrößert und bieten so auch Ausblicke von der Mauer zur Olga- und Heimstraße, der einstigen Feindseite

Text: Uwe Heinloth